Nachwehen des Cum-ex-Skandals: Chefermittlerin wirft hin

Cum-Ex-Chefermittlerin Anne Brorhilker geht zur Organisation Finanzwende. Die Kölner Staatsanwältin wird Geschäftsführerin der NGO.

Die Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker mit einem Smartphone am Ohr

Oberstaatsanwlältin Anne Brorhilker vor dem Landgericht im Jahr 2020. Sie wird Geschäftsführerin von „Finanzwende“ Foto: Oliver Berg/dpa

HAMBURG taz | Eine überraschende Wende gibt es bei der Verfolgung der milliardenschweren Cum-Ex-Steuerdeals: Chefermittlerin Anne Brorhilker hat um ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis gebeten. Die erfolgreiche, wenngleich nicht ganz unumstrittene Staatsanwältin wird Geschäftsführerin der Bürgerbewegung Finanzwende.

Die 50-Jährige leitete bislang die einzige Hauptabteilung für Cum-Ex-Ermittlungen in Deutschland, die bei der Staatsanwaltschaft in Köln angesiedelt ist. Bei den illegalen Cum-Ex-Deals ließen sich Investmentbanken, Vermögensverwalter und ihre wohlhabende Kundschaft über verschlungene Wege ins Ausland eine einmalig gezahlte Quellensteuer für Wertpapierdividenden gleich mehrfach vom deutschen Fiskus erstatten.

In einem Interview mit dem WDR begründete Brorhilker ihre Entscheidung: „Ich war immer mit Leib und Seele Staatsanwältin, gerade im Bereich von Wirtschaftskriminalität, aber ich bin überhaupt nicht zufrieden damit, wie in Deutschland Finanzkriminalität verfolgt wird.“ Notwendig seien mehr Kontrollen und auch mehr Personal in der Strafverfolgung. Brorhilker spricht sich für eine bundesweite Behörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität aus, die auch Steuervergehen verfolge.

Brorhilkers kleines Team mit drei Dutzend Staatsanwälten ermittelte allein gegen etwa 1.700 Cum-Ex-Beschuldigte. Im Herbst kam es über eine mögliche Umstrukturierung ihrer Schwerpunktstaatsanwaltschaft zum Streit mit dem grünen Justizminister Nordrhein-Westfalens, Benjamin Limbach.

Finanzwende-Gründer ist überrascht

Nach einer Übergangszeit wird Brorhilker in einigen Wochen Teil der Geschäftsführung von Finanzwende um Gründer Gerhard Schick. „Die Bewerbung von Anne Brorhilker hat mich überrascht“, lässt sich der frühere grüne Bundestagabgeordnete zitieren. Angesichts der großen Erfolge ihrer Arbeit als Staatsanwältin hätte er dies nie erwartet, so Schick.

Der große Unterschied zu anderen, die den öffentlichen Dienst verlassen, sei: „Anne Brorhilker macht ihr Wissen nicht zu Geld, indem sie zu einer Anwaltskanzlei oder Beratungsfirma und damit auf die Gegenseite wechselt.“ Ihr gehe es um die Sache, um den Rechtsstaat und Gerechtigkeit. Die Hintergründe des Wechsels will Schick am Dienstag in einem Pressegespräch erläutern.

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